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Wenn es ein „Evangelium im Evangelium“ gibt, dann könnte es wohl das sein, das wir eben gelesen haben. Jesus offenbart Gott in einer ganz besonderen Weise. Es ist der barmherzige Vater, dessen Barmherzigkeit keine Grenzen kennt, der in seiner Barmherzigkeit sogar vor den Kopf stoßen kann.

Dieses „Evangelium im Evangelium“ betrifft nicht nur die Offenbarung des Volkes Israel, dieses „Evangelium im Evangelium“ betrifft jeden von uns. Schauen wir nur: Auf welche Seite würden wir uns stellen?

Wären wir auf der Seite des so genannten „Verlorenen Sohnes“? Der hat alles durchgebracht, was er von seinem Vater mitbekommen hat. Zum Schluss ist er bei den Schweinen gelandet, für das Volk Israel ein unreines Tier. Für die Deutung des Geschehens könnte das heißen: Schlimmer ging es nimmer!

Was dieser „verlorene Sohn“ aber nicht geschafft hat, das ist, dass ihn sein Vater vor die Türe weisen würde, dass er ihn – den Undankbaren, den Frivolen – fortgejagt hätte.

Stellen wir uns auf diese Seite? Fühlen wir uns zu diesem jungen Mann eher hingezogen?

Oder halten wir es mehr mit dem älteren Sohn, dem angepassten, der sich nichts zu schulden kommen ließ, der seinem Vater immer treu gedient hat, der nun aber seinen Vater überhaupt nicht verstehen kann? „Der hier, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat,...“ Er bringt es nicht einmal mehr fertig, den jungen Mann seinen Bruder zu nennen.

Könnte es nicht sein, dass wir uns eher zu diesem Sohn hingezogen fühlen, nicht weil wir - weiß Gott wie – selbstgerecht wären, sondern weil wir Gott einfach nicht verstehen können? „Recht muss Recht bleiben, Strafe muss sein, selbst dran schuld...!“ Wer kennt nicht diese zahllosen Redensarten, die man ohne große Probleme und ohne größere Gewissensbisse dem älteren Sohn in den Mund legen könnte! Es ist doch nur zu verständlich, wie dieser Sohn reagiert, und ich kann es gut nachvollziehen, wenn Menschen sich seine Haltung zu eigen machen.

„Evangelium im Evangelium“. Jesus verkündet ein weites, für viele Zuhörer seiner Zeit neues Gottesbild. Es ist nicht mehr der strenge Richter, der eifersüchtig darüber wacht, dass die Gebote und Verbote, die im Gesetz des Mose erlassen worden sind, buchstabengetreu eingehalten werden. Jesus verkündet einen Vater, einen Gott, der barmherzig ist.

Im Althochdeutschen gibt es schon das Wort armherzi, was übersetzt werden kann mit der Bedeutung von: der ein Herz für die Armen hat. (s. Wikipedia)

Gott hat ein Herz für den Armen!

Der jüngere Sohn, aus dem Gleichnis, das Jesus erzählt, ist arm dran. Er hat alles verloren, selbst sein Elternhaus schien ihm weit weg, er wollte dort nur noch als Tagelöhner dienen.
In ähnlicher Weise ist der ältere Sohn arm dran, wenn er eben nicht verzeihen kann, wenn er nicht den Weg seines Vaters mitgehen kann und sich verhärten wird.

Beziehen wir das Evangelium auf uns!

Jesus lädt uns ein, auf die Barmherzigkeit des Vaters im Himmel zu vertrauen. Er hat immer ein weites Herz für uns. Das gilt es festzuhalten.

Zum anderen ruft uns Jesus auf, selbst barmherzig zu werden. Sich nicht zu verschließen in Verbitterung, wie es der ältere Sohn zu tun scheint, sondern selbst den Weg der Versöhnung zu gehen. Dieser Weg, der Weg der Barmherzigkeit, macht auch unser eigenes Herz weit.

Ich wünsche uns den Glauben und das Vertrauen, dass dieser Weg der gangbare ist. Gangbar auch in unserer heutigen Zeit, wo so vieles nicht mehr zu gehen scheint, etwa im Hinblick auf die Aussöhnung zwischen den Religionen und Völkern.

Was wollte Jesus mit seinem Gleichnis, mit dem „Evangelium im Evangelium“? Ich denke, er wollte einen neuen Weg zeigen, einen Weg, den er selbst gegangen ist – durch den Tod in die Auferstehung. Dieser Weg soll und kann auch unser Weg sein!

Amen.

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