header

„Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?“ Klingt er nicht ein wenig verzweifelt, oder zumindest verwirrt, der sympathische Apostel Thomas? Mit dem, was Jesus im Abendmahl sagt, kann er wenig anfangen. Dieser hat davon gesprochen, dass er ins Haus seines Vaters gehen wird, dorthin, wo es viele Wohnungen gibt. Dort wird er seinen Jüngern einen Platz bereiten und sie danach zu sich holen.

Nur, Thomas ist ratlos und fragt seinen Meister: Wo ist denn dieser Weg zum Vater, zu Gott? Ob ihn die Antwort Jesu überzeugt hat, wenn dieser beteuert: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben?

Nun, das Gespräch wird uns vom Evangelisten Johannes überliefert. Er schreibt wohl mehr als 50 Jahre nach dem Tod und der Auferstehung Jesu. Und das, was er schreibt, ist schon viel mehr theologisch durchdacht als das, was die anderen drei Evangelisten niedergeschrieben haben. Johannes legt Wert darauf, dass in Jesus Gott offenbar wird. „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ - Wir haben es eben im Evangelium gehört.

Nun also: Jesus ist der Weg zum Vater, er ist die Wahrheit und das Leben. Vorgabe für Thomas, Vorgabe aber auch für uns. Wollen wir zu Gott kommen, müssen wir den Weg über Jesus wählen. Wer Jesus kennt, wer mit Jesus lebt, der findet den Weg zu Gott. So möchte ich das heutige Evangelium auf einen kurzen Nenner bringen.

Das wird ganz konkret in unserem Leben. Jeden Tag gehen wir ganz verschiedene Wege: Zur Arbeit, in die Schule, zum Einkaufen, zum Sport, zu Freunden, zu Verwandten. Wir gehen Wege, die uns leicht fallen, müssen aber auch manche Wege gehen, die wir lieber nicht gehen möchten. Diese unsere Lebenswege, gehen wir sie mit Jesus, d.h. gehen wir sie im Bewusstsein seiner Gegenwart, sind für uns Wege zum Vater im Himmel, führen uns in den Himmel.

Denn schließlich hat unser ganzes Leben mit Gott zu tun. Es gibt keinen Augenblick, in dem nicht Jesus mit uns wäre. Er würde uns niemals alleine lassen, gemäß seinem Versprechen, das er vor seiner Himmelfahrt seinen Jüngern gegeben hat: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ (Mt 28,20)

Es ist gut, sich dies bewusst zu machen, es sich immer wieder vor Augen zu führen: Mein Lebensweg mit Christus ist der Weg zu Gott, dem Vater im Himmel.

Vor uns liegt die Zeit, in der wir wieder Prozessionen halten, in der wir auf Wallfahrten gehen. Die großen Prozessionen am Himmelfahrtstag oder an Fronleichnam haben ein ganz eigenes Gepräge: Wir ziehen mit dem Allerheiligsten in der Monstranz durch unsere Stadt, über Fluren und Felder. Es ist eine Bitte oder auch ein Glaubenszeugnis: Mein täglicher Lebensweg soll der Weg mit Christus sein, mein Weg zu Gott.

In besonderer Weise ist jedoch die Wallfahrt nach Walldürn ein lebendiger Ausdruck dieses Lebensweges, unseres Gottes-Weges. Seit Jahrzehnten - Jahrhunderten? - pilgern Menschen aus Erlenbach zum Blutsaltar im badischen Frankenland. Wir gehören damit zu Tausenden von Pilgern, die Jahr für Jahr die Wallfahrt nach Walldürn auf sich nehmen. Manche von ihnen sind tagelang unterwegs, wie etwa die Pilger aus Köln-Porz oder auch aus dem Kahlgrund, wie Niedersteinbach oder Schöllkrippen.

Der Rad- und Wanderverein von Mechenhard begibt sich auch schon seit mehr als 20 Jahren auf Wallfahrt nach Walldürn. Der Termin ist immer am Dreifaltigkeitssonntag, an dem die Wallfahrt zum Heilgen Blut offiziell eröffnet wird. Eine sehr große Gruppe von Wallfahrern ist dabei unterwegs, begleitet von der Feuerwehr, wie auch vom Musikverein.

In Erlenbach selbst ist die Wallfahrt kleiner geworden. Manche der Älteren werden sich noch erinnern, wie von Erlenbach aus ein eigener Zug nach Walldürn gefahren ist, wie Pfarrer Durchholz aus der Siedlung das Mikrophon übernommen und vorgebetet hat. Wie viele Pilger aus Erlenbach waren da unterwegs: Über 100? Ich weiß es nicht.

Heute gibt es verschiedene Pilgergruppen, die den Weg nach Walldürn auf sich nehmen: Die eine Gruppe bricht nachts um 12 Uhr auf und pilgert zu Fuß von Erlenbach bis zum Wallfahrtsort. Oberhalb der Wenschdorfer Steige stößt am frühen Morgen eine weitere Gruppe dazu. Seit ein paar Jahren gibt es eine kleine Gruppe, die mit dem Fahrrad auf Wallfahrt geht und schlussendlich kommt noch die Pilgergruppe, die mit dem Bus nach Walldürn fährt.

Traditionell ist der Freitag nach Fronleichnam unser Wallfahrtstag. Brückentag! So habe ich nun schon einige Male gehört. Da bin ich doch im Urlaub! Schade, wenn wir keine Zeit finden, mitzupilgern. Natürlich hat jeder Tag Vor- und Nachteile. Es gibt immer Zeiten, die passen oder eben auch nicht.

Ich würde mich freuen, wenn sich viele mit uns auf den Weg machen, ganz gleich ob in Mechenhard am Dreifaltigkeitssonntag oder in Erlenbach am Freitag nach dem Fronleichnamsfest.

Warum? Ganz einfach:

  • Weil wir als Kirche auf dem Weg sind, weil unser Pilgerweg unseren Lebensweg abbildet. Keiner lebt als Christ für sich allein. Wir sind in unserem Leben gemeinsam unterwegs.
  • Und: Weil unser Leben ein Ziel hat. Der Wallfahrtsort ist somit ein Zeichen für das ewige Ziel, zu dem wir unterwegs sind.
  • Zum Dritten: Eine Wallfahrt kann beschwerlich sein, vor allem, wenn es einen langen Fußweg zu bewältigen gilt. So ist es auch in unserem Leben. Da gibt es Wegabschnitte, die wir leicht und gerne gehen, da schleppen wir uns dafür wieder an anderen Tagen  müde oder frustriert dahin.

Im Letzten aber machen wir deutlich: Wir sind und bleiben Pilger auf unserem Lebensweg hin zu Gott. Wir sind  auf diesem Weg nicht allein, Christus geht mit uns, Menschen begleiten uns oder wir werden zu Lebens- und Wegbegleitern für andere.

Das macht die Wallfahrt so wertvoll. Das macht unser Leben so wertvoll. Unser Lebensweg wird somit Weg zu Gott. Ein guter Weg! Ich bitte Sie, oder etwas vorsichtiger ausgedrückt, ich lade Sie ein, dass wir als christliche Gemeinde diesen Weg gemeinsam gehen. Unser Pilgerweg, unser Lebensweg ist Christus. Er führt uns zum Vater.

Amen.

­