Die Himmelfahrt Jesu, was bedeutet sie für die Jünger, was für uns? In den biblischen Lesungen haben wir eben zwei Versionen gehört: Matthäus spricht von einem Berg in Galiläa, wohin Jesus seine Jünger bestellt hatte, um von ihnen Abschied zu nehmen. Lukas, der die Apostelgeschichte geschrieben hat, verlegt das Geschehen nach Jerusalem.

Wie und wo die Himmelfahrt stattgefunden hat, das soll jetzt nicht zur Debatte stehen, schließlich schreiben beide, Matthäus wie auch Lukas, mehr als 40 Jahre nach dem Geschehen. Vielmehr ist interessant, was da geredet wurde und was das für Konsequenzen für die Jünger hat.

Bleiben wir zunächst bei dem, was uns Matthäus überliefert:

Jesus ruft seine Jünger zusammen und gibt ihnen Aufträge mit auf den Weg. - Interessant: Matthäus sagt, dass einige immer noch Zweifel hatten, als sie ihn sahen, obwohl sie doch in den Wochen nach Ostern schon einige Male mit ihm zusammen gekommen waren. Wie schwer tun sie sich zu glauben! Sind sie uns da nicht überaus ähnlich?

Also, Jesus sagt: Die Apostel sollen zu allen Völkern gehen, sie zu seinen Jüngern machen, die Menschen taufen und sie lehren, sich an das zu halten, was Jesus seinen Jüngern aufgetragen hatte. - Spontan kommen mir da etwa die Seligpreisungen in den Sinn, ich denke an das Gebot der Gottes-, Nächsten-, ja sogar der Feindesliebe. Ich denke daran, wie er im Abendmahlssaal den Jüngern sagte: „Dies trage ich euch auf: Liebt einander!“ (Joh 15,17).

Soweit das, was uns Matthäus überliefert.

Und Lukas? In der Apostelgeschichte schreibt er, dass eine Wolke Jesus den Blicken seiner Jünger entzogen hat. Er berichtet von zwei weiß gekleideten Männern  - damit meint er wohl Engel -, die den Jüngern sagen, den Blick nicht nur zum Himmel zu richten, denn Jesus wird wiederkommen. Sie unterstreichen damit, dass die Geschichte der Kirche weitergeht, bei den Menschen, in der Zeit.

Die beiden Berichte zusammen genommen machen mir das heutige Fest zu einem deutlichen Zeichen, dass sich die Jünger Jesu der Welt zuwenden sollen. Jesus wollte, dass die Menschen „das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10) und er gibt deshalb seinen Jüngern den Auftrag, für die Menschen da zu sein.

Christsein gehört nicht in die Kirche, Christsein gehört auf die Straße, in die Welt. Papst Franziskus sagt es in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium mit folgenden Worten:

„Brechen wir auf, gehen wir hinaus, um allen das Leben Jesu Christi anzubieten! Ich wiederhole für die ganze Kirche, was ich viele Male den Priestern und Laien von Buenos Aires gesagt habe: Mir ist eine >verbeulte< Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist.“ (EG 49)

Er selbst macht es vor. Er hat die Flüchtlingsinsel Lampedusa besucht, im Gefängnis hat er Inhaftierten die Füße gewaschen, war in einem griechischen Flüchtlingslager und so weiter und so fort.

Für mich bedeutet die Himmelfahrt Christi deshalb einerseits, dass Christus in der Herrlichkeit Gottes lebt. Auf der anderen Seite heißt es aber auch, dass er uns, seine Jünger hinweist, in seinem Auftrag und in seinem Geist Verantwortung für die Welt tragen. Geht, tauft, lehrt: Bringt die Welt zu Gott, bringt die Welt zu Christus! Das ist für mich die Botschaft des heutigen Festes.

„Du siehst mich.“ Unter diesem Motto findet in diesen Tagen in Berlin der Evangelische Kirchentag statt. Gott sieht den Menschen, er sieht ihn mit liebevollen Augen an. Aber auch wir Christen sehen einander, sehen den Menschen. Wir sehen vor allem seine Berufung, in den Himmel zu kommen. Dafür hat uns Gott geschaffen, dafür ist uns Christus in den Himmel voraus gegangen, dafür hat er uns beim Vater eine Wohnung bereitet.

Wir sehen den Menschen, wir sehen die Not des Menschen, wir sehen aber auch die herrliche Berufung des Menschen, die zum Himmel führt.

Wir benennen aber auch ganz klar das Böse in der Welt, das den Menschen Böses will. So kann und darf es nicht sein, dass Menschen - auch im Namen Gottes - zu Mördern werden.

Was dieser Tage in Manchester geschehen ist, was Tag für Tag durch so genannte muslimische „Gotteskrieger“ an Bösem geschieht, das kann und darf einfach nicht sein! Sie ermorden unschuldige Menschen, besonders auch Christen, und meinen, damit Gott einen Dienst zu tun. Diese Mörder sind Diener des Teufels und wir können Gott nur bitten, mit ihnen Erbarmen zu haben.

„Du siehst mich“, Gott, so dürfen wir sagen. „Ich sehe dich, Mensch“, so unterstreichen wir. Mit Gottes Hilfe, mit seiner Gnade und vor allem mit seinem Segen gehen wir als Kirche auf den Menschen zu.

Ich höre es deshalb mit großer Freude und mit einem ganz großen Vertrauen, wenn uns Matthäus als letztes Wort Jesu überliefert: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“

Wir gehen, wir gehen miteinander als Christen, die wir die Welt zu Gott führen wollen.  Und Christus geht mit uns!

Amen.