Predigt am Fronleichnamsfest im Lesejahr B

3. Juni 2021

Evangelium: Mk 14,12-16.22-26

Mit einem Gedicht des verstorbenen Frankfurter Pfarrers Lothar Zenetti beginne ich heute meine Predigt. Es ist überschrieben mit dem Titel: Inkonsequent.

Frag 100 Katholiken,
was das Wichtigste ist in der Kirche.
Sie werden antworten:
die Messe.
Frag 100 Katholiken,
was das Wichtigste ist in der Messe.
Sie werden antworten:
die Wandlung.
Sag 100 Katholiken,
dass das Wichtigste in der Kirche die Wandlung ist.
Sie werden empört sein:
„Nein, alles soll so bleiben, wie es ist!“

Was Pfarrer Lothar Zenetti schreibt, klingt sehr düster. „Alles soll in der Kirche so bleiben, wie es ist, wir brauchen, wir wollen keine Wandlung!“ Nein, ganz und gar nicht! So möchte ich sagen. Wir brauchen, wir wollen die Wandlung! Deshalb sind wir hier. Wir feiern in einem großen Fest, dem Fronleichnamsfest, die Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi.

Eben haben wir es im Evangelium gehört: Beim Paschamahl nimmt Jesus das Brot und reicht es seinen Jüngern mit den Worten: „Nehmt, das ist mein Leib!“ Ebenso macht er es mit dem Kelch mit dem Wein, wenn er sagt: „Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.“

Er wandelt Brot und Wein. Brot und Wein werden zum Sakrament, zum Zeichen dafür, dass er sein Leben gibt. Seit diesem letzten Abendmahl feiert die Kirche, feiern die Christen die Erinnerung an seine Lebenshingabe in der Eucharistie.

Da ist Wandlung geschehen und durch den Empfang des Leibes und Blutes Christi geschieht Wandlung. Was Jesus damals getan hat, nämlich, dass er sein Leben gegeben hat,  wird im Brot und im Wein sichtbar. Was auf dem Altar liegt, was wir empfangen, ist nicht mehr nur Brot oder Wein, nein, das ist Jesus selber, der sich hingegeben hat. Brot und Wein sind gewandelt.

Und auch wir werden gewandelt, wenn wir uns auf Jesus einlassen. Sein Leben nehmen wir in uns auf, wenn wir seinen Leib empfangen. Es kann nicht sein, dass uns dies kalt lässt. Es darf nicht sein, dass wir einfach zur Tagesordnung übergehen. Jesus ist Mensch geworden, damit auch wir in Wahrheit Menschen werden. Damit will ich sagen, dass seine Art zu leben, dass seine Worte, die er gesprochen hat, uns angehen, unser Leben und Handeln prägen. Wenn wir die Heilige Kommunion empfangen, dann empfangen wir ihn selbst, so wie er sich hingegeben hat.

Wir stehen hier im Schulhof, gegenüber dem Zentrum zur Intensivpflege Kranker. Für mich ein Hinweis auf unser Leben. Als Christen tragen wir Verantwortung von den Kindern über unsere Familien, bis hin zu kranken und alten Menschen. Christliches Leben heißt für Wandlung zu sorgen.

Schon immer haben sich Christen für andere engagiert, schon immer war Christen die Liebe zum Nächsten ins Stammbuch geschrieben. Die Heilige Schrift nennt das Bund: Wir leben im Bund mit den Menschen, mit der Schöpfung, im Bund mit Gott. So wandeln wir die Welt - in eine menschliche, persönliche Gemeinschaft.

Und die Welt braucht Wandlung - weg von der elenden Kommerzialisierung des Lebens, hin zu persönlichen Begegnungen, in denen das Du und nicht das Ich zählt.

Auch unsere Kirche braucht Wandlung - weg vom Klerikalismus, hin zu einem vertrauensvollen Miteinander von Frauen und Männern in Gleichberechtigung, von einer legalistischen Gesetzeskirche zu einer Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern.

Dafür steht Jesus, dafür steht aber auch das Brot, das wir empfangen, dafür stehen wir als Christen. Und wenn wir uns wehren würden gegen diese Art von Wandlung, dann hätten wir es nicht verdient, Christen zu sein.

Am Anfang der Kirche, die sich im Abendmahlssaal zusammen gefunden hat, steht also die Wandlung. Wir sind dafür dankbar. Wir hoffen, dass uns die Wandlung entweder selbst gelingt, oder uns geschenkt wird in einer lebendigen Gemeinschaft, in der Jesus Christus wirklich da ist, so wie er im gewandelten Brot und Wein unter uns ist.

Es ist dann tatsächlich so, dass das Wichtigste in der Kirche und in der Welt die Wandlung ist. Möge Gott uns, die Kirche und die Welt verwandeln, dass seine Gegenwart spürbar ist und bleibt. Amen.