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Predigt am 4. Sonntag im Jahreskreis B

31. Januar 2021

Evangelium: Mk 1,21-28

Viele von uns kennen Harry Potter. Seine Geschichten sind zum Kinderbuchschlager für Kinder von 8 bis 80 Jahren geworden. Es sind unwiderstehliche Geschichten, spannend von der ersten bist zur letzten Seite.

Harry Potter ist ein Kind aus einer Zauberfamilie, geborener Zauberer, aber er merkt es erst mit 11 Jahren. Und der Leser wird eingeladen, ihn bei seinem ersten Lehrjahr im berühmten Zauberschloss, mit vielen anderen Zauberschülern, auf seinen Abenteuern zu begleiten. Gezaubert wird im Buch „klassisch“: Mit Zauberstab und Zauberwort. Und wehe, wenn dies falsch ist! Dann passiert nämlich nichts!

Es scheint ein uralter Wunschtraum vieler Völker zu sein, die geheimnisvollen Worte zu kennen, mit denen man zaubern könnte, Dinge vollbringen, die normalerweise über unsere Kräfte gehen. Die Märchen aller Welt sind voll von Personen, die geheimisvolles Wissen haben und mit ihren Beschwörungen Gutes und Böses anstellen.

Jesus erscheint in den Evangelien immer wieder als Wundertäter, der viele Kranken heilte. So auch im Evangelium des ersten Wunders bei Markus, das wir heute lesen. Aber er braucht keine Zauberworte. Er befiehlt mit einem kurzen Wort dem unreinen Geist: „Schweig und verlass ihn!“ Und der Mann, den der Unreine gefangen gehalten hat, ist befreit.

Die Menschen spüren, dass da einer mit göttlicher Vollmacht spricht. Ja, Jesus ist  d e r  Mann des Wortes, des Gotteswortes!

Wir leben heute in einer Kultur der vielen Worte und des Überflusses an Worten. Gleichzeitig wissen wir aber, dass es auch im Alltag wichtige und manchmal mächtige, ja oft entscheidende Worte gibt:

  • Mit seinem persönlichen Namen kann ich einen Menschen aus einer großen Menge herausrufen.
  • Zu meinem Online-Konto habe ich Zugang über mein Pass-Wort.
  • Mit dem Wort „Feuer!“ können Sei Panik hervorrufen.
  • Vielen Menschen warten heute auf das Wort: „Wir haben Corona besiegt!“
  • Beziehungen werden geknüpft, wenn Sie einander sagen: „Ich hab dich gern!“
  • Und kaputte Beziehungen warten auf die Worte: „Ich entschuldige mich …!“
  • Eltern erzählen ihren Kindern von den kleinen Zauberwörtern: „Bitte, danke!“

Ja, es gibt auch in unserem Alltag wichtige, mächtige, manchmal entscheidende Worte. Doch Jesus hat uns kein Lehrbuch an Zauberwörtern hinterlassen. Er sagt einmal: „Euer Ja sein ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.“ (Mt 5,37) Und wenn wir uns gegenseitig so behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten, dann kommen wir ziemlich weit.

Darüber hinaus empfiehlt Jesus, unsere Anliegen schlicht und direkt seinem Vater zu sagen. Es braucht dafür keine vielen Wörter, kein Abrakadabra; der Vater, der ins Verborgene sieht, wird schon hören, was wir ihm sagen wollen.

Das einfache Gebet zu Gott, das waren Jesu „Zauberwörter“. Sein Gebet, das er uns gelehrt hat, das Vaterunser, ist einfach und doch ist es das große Gebet.

Können wir nicht auch ein wenig Harry Potter spielen, auch wenn wir keine Zauberer sind und nicht ins Zauberschloss eingeladen werden. Wir leben in unserem Alltag - gebrauchen die alltäglichen „Zauberwörter“, die Wörter der Freundlichkeit, der Liebe und Echtheit einerseits - und das einfache, direkte Gebet andererseits. So werden wir viel erreich, vielleicht auch manches Wunder erleben. Amen.

(Predigt nach Paul Vautier, Freude an der Schöpfung, S. 116 ff)

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