Predigt am Patroziniumsfest in Streit

32. Sonntag im Jahreskreis A

8. November 2020

Evangelium: Mt 25,1-13

Verpeilt!

„Ich war gestern in der Schule und keiner war da.“ - „Gestern war doch Sonntag!“ - „Das wusste ich nicht!“

Ich erinnere mich an einen sympathischen, aber sehr verpeilten Klassenkameraden, der nicht weit von unserer Schule wohnte und an einem Sonntag vor der verschlossenen Schultüre stand. Ihm war nicht bewusst, dass Sonntag war. Verpeilt!

Von ähnlich verpeilten jungen Frauen erzählt uns heute Jesus im Evangelium. Eigentlich hätten sie mit den anderen Brautjungfern den Bräutigam begrüßen sollen, doch hatten sie es verpeilt, in ihren Lampen Öl mitzunehmen, damit sie ihm in der Nacht leuchten konnten. Und ihm nur im Dunkeln entgegen zu gehen, das wäre blamabel gewesen.

Die Reaktion des Bräutigams ist drastisch: Anscheinend hat er sich geärgert, dass ihn nur einige Mädchen begrüßt haben und er weigert sich, die zu spät Gekommenen überhaupt zu kennen. Die Türe bleibt zu, die Feier fällt für die Nachzüglerinnen aus. Verpeilt!

Wieder einmal beginnt Jesus seine Rede mit dem Vergleich: So ist es mit dem Himmelreich … Und wie soll das mit dem Himmel sein?

  • Da sehe ich zunächst einmal die Einladung zu einem Fest. Eine Hochzeit steht an und der Bräutigam soll festlich begrüßt werden. Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Fest. - Einige Male gebraucht Jesus dieses Bild.
  • Und dann: Man kann das Fest verpassen, kann den Himmel verpassen. Denken Sie nur daran, wie Jesus an anderer Stelle einmal erzählt, dass der König für seinen Sohn eine Hochzeit ausrichten wollte, aber die geladenen Gäste dafür keine Zeit hatten. Er hatte dann Leute auf der Straße auflesen und einladen lassen. Die ursprünglich geladenen Gäste waren draußen vor.

Ja, so ist es mit dem Himmelreich: Die Einladung steht und kann verpasst oder ausgeschlagen werden.

„Seid wachsam!“, so mahnt Jesus, „denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“

Ich nehme dieses Wort für uns auf. Wachsam sein, die Einladung in Gottes Reich nicht verpassen! Was soll das nun heißen?

Als erstes bedeutet es für mich, dass wir überhaupt damit rechnen, dass Gott ist und dass er mit uns Menschen und mit der Welt zu tun hat. Ich denke an das Volk Israel, an Abraham und an Mose und die Vielen, die auf Gott vertraut haben:

  • Abraham ist aufgebrochen aus seiner Heimat in Chaldäa. Er hat den Ruf Gottes gehört und ist ihm gefolgt.
  • Mose wusste sich am brennenden Dornbusch gerufen von Gott, der sich ihm als der „Ich-bin-da“ offenbart hatte. Er konnte sein Volk überzeugen, ihm zu folgen und mit ihm den Weg in die Freiheit zu gehen.

Gott im Leben, ganz konkret. Das ist das Eine: Unser Gott ist nicht fern, unser Gott ist uns nahe, gehört zu unserem Leben. Ich denke, das ist das Erste, was wir festhalten. Gott ist der „Gott-mit-uns“. In Jesus ist Gott Mensch geworden, hat menschliches Leben geteilt, Freude und Hoffnung, Trauer und Angst - bis in den Tod hinein.

Bitte schauen Sie dazu in ihr Leben! Was macht Freude, was schenkt Hoffnung, was erfüllt mich mit Trauer, was macht mir Angst? Mein Leben gehört, so wie es ist, Gott.

Das ist das Eine, was ich festhalte: Wir rechnen damit, dass Gott ist und dass er mit uns und mit der Welt zu tun hat. Nichts ohne ihn!

Zum anderen: Wir tragen Verantwortung und nehmen Verantwortung wahr.

Da komme ich auf meinen verpeilten Klassenkameraden zurück oder auf die verpeilten Jungfrauen aus dem Evangelium: Wir können nicht so einfach in den Tag hinein leben, wollen wir Christen sein. Die Welt und die Menschen so sehen, wie sie sind, sie bejahen und mithelfen, dass in unserer Welt Gutes geschieht.

Auch dafür sehe ich Jesus als Beispiel. Er ruft auf zur Gottes- und zur Nächstenliebe. Im Besonderen lenkt er den Blick auf die Armen und die Leidenden. Er erwartet von seinen Jüngern, dass sie füreinander da sind, besonders eben für die, denen es nicht gut geht.

Nichts ohne uns!

Darin sehe ich den Auftrag der Kirche. Schauen Sie nur auf unseren Kirchenpatron, den Heiligen Karl Borromäus. Er lebte vor 400 Jahren, im 16. Jahrhundert. Wenn ich seine Biografie auf mich wirken lasse, dann sehe ich einen engagierten Hirten für die Menschen, die ihm anvertraut waren. Bis hinein, dass er treu bei den Menschen in seiner Bischofsstadt Mailand geblieben ist, als sie mit der Pest zu kämpfen hatten. Wie andere hohe Würdenträger hätte er sich auch aus dem Staub machen und in Sicherheit bringen können. Nein! Er bleibt bei den Menschen in ihrer Angst und Trauer, er zeigt ihnen so den nahen und treuen Gott.

Mit Gott für die Menschen!

Ist das nicht auch für uns der Auftrag in diesen schweren Tagen der Corona-Pandemie? Jesus nennt es wachsam sein. Darauf achten, wo es einem Menschen schlecht geht. In den letzten Monaten habe ich ganz viel Nachbarschaftshilfe erleben können, wo Menschen sich um einander gekümmert haben, ganz besonders Alten und Kranken beigestanden haben. Das ist für mich ein Zeichen von Wachsamkeit.

Mit Gott für die Menschen!

Wir sind gefordert, nicht nur durch die gegenwärtigen Nöte, die die Zeit mit sich bringt. Nein, Jesus fordert auf, nicht am Reich Gottes pfeilgrad vorbei zu schießen.

Ich wünsche uns diese Wachsamkeit. Ich wünsche uns die Fähigkeit, etwas aus unserem Leben zu machen. Und ich wünsche dies ganz besonders unserer Kirche, dass sie ein Zeichen für die Menschen von heute sein kann, mit Gott für die Menschen da ist. Alles andere wäre nutzlos und schädigend.

„Ich war gestern in der Schule und keiner war da.“ - „Gestern war doch Sonntag!“ - „Das wusste ich nicht!“

Ich komme noch einmal auf meinen sympatischen, aber verpeilten Klassenkameraden zurück und hoffe nicht, dass es uns einmal so ergehen wird, dass wir feststellen müssen, dass wir es verpeilt haben, am Reich Gottes, am Himmelreich, dem Fest mit Gott teilzunehmen.

Sind wir also wachsam!

Amen.