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Predigt am 2. Ostersonntag im Jahreskreis A

(Weißer Sonntag)

19. April 2020

Evangelium: Joh 20,19-31

Ein Brief an den Heiligen Thomas

Thomas Didymus (Zwilling), bist du vielleicht mein Zwilling? Sind wir Zwillinge im Geist? Du und ich? Bin ich du: ich, in meinem Glauben-Wollen, aber Nicht-glauben-Können? (vgl. Messbuch 2020, S. 389, Butzon & Bercker)

Ich kann mich so gut in dich hinein versetzen!

  • Da war das fürchterliche Geschehen vom Karfreitag. Deine Hoffnung, die Hoffnung so vieler Menschen, war am Kreuz erschlagen worden. Nichts ging mehr, für dich und die Frauen und Männer, die auf Jesus alle Hoffnung gesetzt hatten. In ihm hattet ihr ahnen können, was es mit dem Reich Gottes auf sich hat, das er verkündet und gelebt hat: Gott, auf Seite der Armen, der Kleinen, der Kranken, der Sünder…. Und diese Hoffnung war am Kreuz gestorben! Alles aus!
  • Und dann, fast schien es dir wie Hysterie. Da kamen Frauen vom Grab und erzählten, dass sie Jesus gesehen und gesprochen hatten. Wie, der, der tot war? Unmöglich! Ja, auch deine Freunde hatten sich wohl von dieser Hysterie anstecken lassen. „Wir haben den Herrn gesehen.“ Unmöglich, unglaublich! Du winkst ab: „Ich glaube nicht! Nur wenn ich mit meinen Fingern die Male der Nägel und die Wunde seiner Seite berühre, dann erst könnte ich mir vorstellen zu glauben.“ So ähnlich antwortest du deinen Freunden.

Ich kann mich so gut in dich hinein versetzen!

  • Es ist nicht einfach, das Unglaubliche zu glauben.
  • Es ist schwer, das abzulegen, was so massiv auf der Seele lastet.
  • Es ist fast unüberwindbar, was sich als Hürde vor einem Menschen aufbaut.

Und doch: Du darfst die wunderbare Erfahrung machen: „Jesus ist da!“ - „Thomas, streck deinen Finger hierher und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Ich erlebe dich kleinlaut: „Mein Herr und mein Gott!“

Ich kann mich so gut in dich hinein versetzen!

  • Ja: Es ist auch für nicht einfach, das Unglaubliche zu glauben.
  • Es ist auch für mich schwer, das abzulegen, was so massiv auf der Seele lastet.
  • Es ist auch für mich fast unüberwindbar, was sich als Hürde vor mir aufbaut.

Schau nur in unsere Zeit: Unsere Welt wird gefangen gehalten von einer furchtbaren Krankheit. Millionen Menschen sind vom Virus infiziert und Tausende von Menschen sind schon gestorben. Mein Blick richtet sich auf die Länder und auf die Menschen, die dem Virus schutzlos ausgeliefert sind: Die Menschen in Asien, Lateinamerika und Afrika. Ich verliere aber auch die Menschen in unserem Land und auf unserem Kontinent nicht aus den Augen, ebenso die Bewohner von Nordamerika und Australien und Neuseeland: Viele sind dem Erreger hilflos ausgeliefert!

In dieser Zeit lese ich deine Geschichte, die Geschichte von dem Jünger, dem Didymus - Zwilling, wie du genannt wirst, andere nennen dich Zweifler. Du tust dir schwer mit Jesus, damit dass er von den Toten auferstanden sei. Du willst „handfeste“ Beweise, damit du glauben kannst. „Mein Herr und mein Gott!“ Auch mir kommen deine Worte über die Lippen, ich wende mich mit dir an den Auferstandenen, der sich so viel Mühe gegeben hat, damit du glauben kannst.

Auch ich möchte glauben können, in meiner Hilflosigkeit möchte ich einen Helfer finden. Ich möchte, dass die vielen Menschen, die heute unter dem Corona-Virus leiden müssen, in dir jemanden finden, an den sie sich im wahrsten Sinne des Wortes halten können. Ich möchte, ja was möchte ich nicht alles …. „Mein Herr und mein Gott!“ Jesus weiß um meine Sorgen, er kennt meine Gefühle, ist vertraut mit meiner Schwäche. Ja, zu ihm darf ich kommen: „Sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Ich höre, wie Jesus dich tadelt und ich will mich auch von ihm korrigieren lassen, lieber Thomas.

Was kann ich tun, was soll ich tun? Was habt ihr damals getan? In aller Unsicherheit eures Glaubens und Lebens habt ihr als Jünger zusammen gehalten. Das, was Jesus in seinem Leben mal gesagt hatte, das habt ihr als wirklich gespürt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)

Ich darf heute mit meinen Gemeinden und mit meinen Freunden in Jesu Namen zusammen sein. Auch wenn wir nicht in einer Kirche real die Heiligen Eucharistie feiern können - gerade heute am Weißen Sonntag, wo Kinder aus unseren Gemeinden zum ersten Mal zur Kommunion gegangen wären - also, auch wenn wir nicht real in der Kirche Eucharistie feiern: Mit ganz vielen Christen auf der weiten Welt bin ich heute in Jesu Namen zusammen - und er ist mitten unter uns.

Er, das ist der Auferstandene, der auch in den vielen Todessituationen der Welt und Zeit Garant und Urheber des Lebens in Fülle ist. Er, Jesus, ist mit uns. Und meine / unsere Antwort lautet: „Ja, Jesus, ich geh' mit! Schenke mir und der Welt deinen Segen, wie du Thomas und die Jünger gesegnet hast.“

Amen.

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