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Predigt am Palmsonntag

5. April 2020

Evangelium: Mt 21,1-11

„Ich geh'  mit...“

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(vgl. Messbuch 2020, S. 272f - Butzon & Bercker)

„Wer ist das?“

Das Auftreten Jesu in Jerusalem provoziert diese Frage - so schildert es zumindest der Evangelist Matthäus. Jesus provoziert, er fordert heraus: seine Zeitgenossen nicht weniger als die frühen Christen-Gemeinschaften, für die Matthäus Jahrzehnte später geschrieben hat. Und nicht weniger: uns.

Ist er der verheißene ersehnte König in der Tradition Davids? Seine königliche Würde und Macht möge sich doch so manifestieren, dass sie aller Welt einleuchtet! Hosianna! Rette doch! - der Ruf wendet sich an den, durch den alles gut werden soll.

Aufsehen erregt er, Jesus, als er in Jerusalem einzieht: Die Jünger breiten ihre Kleider auf dem Weg aus, schneiden Zweige von den Bäumen und streuen sie auf den Weg. Die Leute, die dabei sind, begrüßen ihn mit dem Ruf, mit dem ein Herrscher begrüßt wird: Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!

Kein Wunder, dass viele nicht kapieren, was da geschieht:

  • Wer ist das, um den ein so großer Wirbel gemacht wird?
  • Und überhaupt, was soll das Ganze?

Matthäus stellt den Einzug Jesu in Jerusalem als ein sehr dramatisches Geschehen dar. Die ganze Stadt „erbebt“, so schreibt er. Man fragt nach ihm und viele kennen ihn als den Propheten, der aus Nazaret in Galiläa gekommen ist.

Ja, wer ist das, dieser Jesus aus Nazareth?

Ich stelle diese Frage uns, vielleicht stellt sie sich auch von selber. Wer ist Jesus - für mich, für unsere Zeit?

Palmsonntag 2020 - für mich liegt er in einer „unwirklichen“ Zeit. Das, was wir um uns herum erleben, ist nur schwer zu verstehen. Eine riesige Pandemie hat nicht nur unser Land erreicht, hält die ganze Welt in Griff, bringt Tod und Leid - weckt aber auch ganz viel Mitgefühl und Sorge füreinander.

Und an diesem Tag erinnern wir uns an den Einzug Jesu in Jerusalem. Damals lebten die Menschen unter dem Druck einer politischen Besatzung. Gerade auch die gottesfürchtigen Juden wurden mit den heidnischen Göttern der Griechen und Römer konfrontiert. Für viele war es unerträglich, was sie erlebten und durchmachen mussten. Der Messias wurde heiß ersehnt. Als nun Jesus auf einem Eselsfohlen in die Stadt eingeritten ist, da erinnerte sich doch mancher, der die Heilige Schrift gut kannte, an das Wort vom Propheten Sacharja:

„Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin“ (Sach 9,9)

Wir erleben uns heute im Griff einer schweren Krankheit, über alle Grenzen der Länder und der Kontinente hinweg. Für viele von uns ist es unerträglich, was wir durchmachen und erleben müssen:

  • Wir sehnen uns nach Heil und Befreiung von aller Last des Lebens und des Leides.
  • Wir sehnen uns nach dem Erlöser, dem Heiland, dem, der Heil schafft.

„Wer ist das?“

Wie war das denn damals in Jerusalem? Das Auftreten Jesu steuert seinem Höhepunkt zu. Die Spannung in der Stadt und bei den Führern des Volkes ist mit Händen zu greifen. Dem Palmsonntag folgt nur ein paar Tage später der Karfreitag. Der Jubelruf wird untergehen in den fürchterlichen Schreien: „Kreuzige ihn!“ Doch wir wissen es und feiern es am kommenden Sonntag: Der Tod ist nicht das Ende, es wird Ostern, das Leben ist stärker als der Tod!

Diesen Glauben halten wir in den schweren Tagen heilig. Wir versammeln uns hinter Jesus, so wie wir es bei der Palmprozession gemeinsam getan hätten. Wir lassen ihn nicht los. „Ich geh' mit!“ Das ist keine billige Trotzreaktion, sondern ein Hoffnungsschrei hin zu Jesus: „Hosanna, rette doch!“

In diesen Tagen wird in unserer Stadt ein Kreuz an verschiedenen Plätzen aufgestellt. „Einer trage des anderen Last.“ Ist darauf zu lesen. Es erinnert an das Kreuz Jesu, der die Last der Welt auf seine Schultern geladen hat, auch unsere Last. Es ist eine Bitte an ihn, die Last von den Menschen zu nehmen. „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch Ruhe verschaffen!“ (Mt 11,28) So dürfen wir Jesu Einladung verstehen.

Am Karfreitag wird dann das Kreuz in der Kirche St. Peter und Paul vor dem Altar liegen. Ich lade Sie ein, die Last des Lebens auf ein Blatt Papier zu schreiben und am Kreuz zu befestigen. An Ostern dann wird das Licht der Osterkerze neben dem Kreuz stehen, es soll ein Hoffnungszeichen sein und eine Bitte, dass Gott unsere Welt erlöst, dass er jeden und jede von uns Erlösung schenkt.

Ich denke dabei in besonderer Weise an alle, die sich in diesen Tagen um andere kümmern: Pflegekräfte in unserem Krankenhaus, im Seniorenwohnstift und in unserer Sozialstation. Ich denke aber auch an viele, die im Stillen in ihrer Familie und im kleinen Kreis einander unterstützen und so viel Gutes tun.

Mit allen rufe ich und lade Sie ein zu rufen: Hosanna, dem Sohne Davids. Jesus, rette doch!

„Ich geh' mit - mit Jesus, mit dem, der meine Hilfe braucht.“ Ein gutes Wort für diese schwere Zeit, ein gutes Wort für die Tage der Karwoche, ein gutes Wort für unser Leben.

Möge Gott uns seinen Segen schenken!

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