Predigt am 7. Sonntag im Jahreskreis A

23. Februar 2020

Evangelium: Mt 5,38-48

Mich erstaunt immer wieder, wie klar der Apostel Paulus seine Theologie, seinen Glauben in Worte fassen kann. In den 50-er Jahren des 1. Jahrhunderts, sagen wir also etwa 20 Jahre nach dem Tod und der Auferstehung Jesu, findet er bemerkenswerte Worte, die auch heute noch Gültigkeit haben.

„Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? - Ihr gehört Christus und Christus gehört Gott.“ (1 Kor 3) So schreibt er in einem ersten Brief an die Christen in Korinth.

Der Völkerapostel hat verstanden, dass mit Jesus eine ganz neue Zeitrechnung begonnen hat. Schließlich war Jesus nicht nur einer, der eine neue Lehre gebracht hat, sondern er hat sie auch selbst gelebt und aufgefordert, wie er zu leben.

Das muss man erst einmal an sich heran kommen lassen, was Jesus in seiner Bergpredigt von sich gibt. Da gelten auf einmal ganz andere Regeln als diejenigen, die die Menschen gewohnt waren:

  • Nicht Auge um Auge und Zahn um Zahn, sondern halt dem andern auch noch die andere Wange hin, wenn er dich schlägt.
  • Nicht den Feind hassen, sondern den Feind lieben und für ihn beten.

Da mussten wohl die Zuhörer durchatmen, die Jesu Predigt gehört haben, da müssen auch wir ganz genau hinhören. Denn da weht eben ein ganz anderer Geist als wie ihn die Menschen sonst gewohnt sind. Es ist der Geist Jesu, der die Liebe Gott und dem Menschen auf die gleiche Stufe stellt wie die Liebe zu sich selbst.

Es geht Jesus um den Menschen und in seiner Kirche soll es genauso sein:

  • Wir sind als Christen für die Menschen da.
  • Wir tragen den Geist Gottes in uns - für die Menschen. Der heiligen Paulus sagt: Wir sind Gottes Tempel.
  • Wir dienen mit Christus den Menschen.

Denn eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts, so sagt es sinngemäß der französische Bischof Jacques Gaillot. Und darauf besinnen wir uns, den Menschen zu dienen.

Bitte schauen Sie mit mir einen Augenblick auf das fürchterliche Massaker in Hanau am letzten Mittwoch. Neun Menschen mit ausländischen Wurzeln, seine Mutter und sich selbst hat der Mörder umgebracht. Man sagt, dass er einen tiefen Hass auf Ausländer hatte und wohl unter einem Verfolgungswahn litt.

Ich verfolge in den Medien den Ruf nach stärkeren Waffengesetzen, nach besseren Schutz muslimischer oder auch jüdischer Einrichtungen, die Forderung einer stärkeren Polizeipräsenz - wo auch immer. All das hat wohl einen Sinn, wird aber im Letzten kein Massaker verhindern.

Wir brauchen eine Neubesinnung in unserem Land auf    Werte, für die es sich zu leben lohnt. Ich meine, unser Land braucht Christus und die Kirche, braucht uns.

Ich sage das nicht überheblich, wirklich nicht! Wir haben als Christen keinen Grund, uns über andere zu erheben. Aber wir haben einen Grund zum Leben, einen Schatz, den wir den Menschen in aller Bescheidenheit anbieten: Das ist Jesus, der einen neuen Weg in der Welt eingeschlagen hat.

Es ist der Weg der Versöhnung und der Gewaltlosigkeit. Es ist ein anderer Weg als es die gewohnt sind, die „Ausländer raus!“ schreien oder „Deutschland den Deutschen!“

Jesus hat da nie mitgemacht, wenn sich einer über einen anderen erheben wollte. Er sagt von sich: „Ich bin nicht gekommen, mich bedienen zu lassen, sondern selbst zu dienen.“ (Mk 10,45) Und: „Wie ich euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr einander die Füße waschen.“ (Joh 13,14f)

Also, eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts. Oder um es mit unserem Papst Franziskus zu sagen: „Brechen wir auf, gehen wir hinaus, um allen das Leben Jesu Christi anzubieten. … Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben...“ (Evangelilii Gaudium 49)

Nach den Ereignissen von Hanau kommt mir das verstärkt in den Sinn. Wir bieten in aller Hilflosigkeit, in der wir uns selbst befinden, aber mit aller Glaubenskraft den Menschen das Leben Jesu, die Freundschaft mit Jesus an. Sein Weg, der Weg der Menschlichkeit, ist der Weg Gottes.

„Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!“ So haben wir eben im Evangelium gehört. Ein gewagtes Wort, wir werden es letztlich nicht erfüllen. Aber allein wenn wir uns auf den Weg machen, nach unseren Möglichkeiten Jesus Freude zu machen und den Menschen zu dienen, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

Ich denke, der Heilige Paulus hatte das ganz gut kapiert. Er war sich bewusst, aus dem Heiligen Geist zu leben. Er weiß, dass er Christus gehört und wir alle mit Christus Gott gehören.

Das macht demütig, aber auch dankbar!  Amen.