Predigt zum Neujahrstag 2020

Evangelium: Lk 2,16-21

„Warum wir aufhören sollten, die Kirche zu retten. Für eine neue Vision von Christsein.“ So lautet der Titel des Buches des Würzburger Studentenpfarrers Burkhard Hose. Wir haben ihn zu einem Vortrag in das Pfarrheim St. Josef in der Siedlung am 9. Januar eingeladen. Auch Sie darf ich heute schon dazu einladen.

Ich finde, er hat Recht. Wir sollen endlich aufhören, die Kirche zu retten, sollen lieer uns um das Heil der Menschen sorgen, die Menschen retten.

Wir stehen am Beginn des neuen Jahres 2020. Zugleich beginnen wir ein neues Jahrzehnt, die 20-er Jahre des 21. Jahrhunderts. Ich möchte dazu unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihren Neujahrsansprache zitieren. Sie sagt:

"Die 20er-Jahre können gute Jahre werden. Überraschen wir uns einmal mehr damit, was wir können. Veränderungen zum Guten sind möglich, wenn wir uns offen und entschlossen auf Neues einlassen."

Das möchte ich auch für die Kirche sagen.

Lassen Sie mich dazu auf das Evangelium schauen, das wir eben gehört haben: Lukas überliefert, wie die Hirten das Kind in der Krippe finden und bei ihm Maria und Josef. Sie erzählen von dem, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und Maria bewahrt alles in ihrem Herzen. Zur Beschneidung des Kindes dann, bekommt es auch offiziell seinen Namen: Jesus, was bedeutet: Gott ist Heil.

Soweit so gut, soweit uns auch bekannt.

Dieser Abschnitt aus dem Evangelium enthält für mich zwei bedenkenswerte Aussagen:

Zum einen: Maria bewahrt alles, was gesagt wird, und erwägt es in ihrem Herzen.

Zum anderen: Maria stellt uns Jesus, „Gott ist Heil“ vor.

Da ist keine Großsprecherin, da ist eine Frau, die sich Gedanken macht. Großsprecher, Vielpappler gab und gibt es zu allen Zeiten. Menschen aber, die nachdenken, die etwas auf sich wirken lassen können, die gibt es wohl viel zu wenig.

Maria sieht mit ihrem Herzen gut, um das Wort von Antoine de Saint-Éxupéry zu verwenden, damit ist Maria ganz gewiss ein großes Vorbild für die heutige Zeit. Man kann, man muss nachdenklich werden angesichts der Entwicklungen in der Welt.

Lassen Sie mich nur zwei Bilder ansprechen:

Von dem einen habe ich an Weihnachten erzählt: Es ist das Bild von dem neugeborenen, auf der Straße ausgesetzten Kind, das ich am 13. Juni des vergangenen Jahres in Bethlehem in den Armen gehalten habe.

 Für mich ist es ein Bild dafür, dass viele Menschen heute großem Elend ausgeliefert sind, ganz besonders die Kinder.

Dieser Tage gab es erst die Diskussion, ob wir in Deutschland Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern aufnehmen sollen.

  • Schlimm genug, dass wir solche Diskussionen führen müssen.
  • Schlimm, dass Kinder überhaupt erst in eine solche Situation kommen müssen, fliehen müssen.
  • Schlimm für uns, die wir in gewisser Weise in einem Glashaus sitzen, weil unsere Kinder - in der Regel - gut geschützt aufwachsen können.

Ich werde nachdenklich wie die Muttergottes. Ja, Nachdenken, das wäre schon der Anfang eines Umdenkens oder eine Neudenkens unseres Handelns.

Da hat die Kirche heute einen Auftrag, den wir ins neue Jahr, ins neue Jahrzehnt mitnehmen. Kirche, Christen, die mit wachen Augen die Welt betrachten und alles in ihrem Herzen bedenken, was sie sehen und erleben, diese Christen werden die Welt verändern.

Ein zweites Bild: In Australien brennt es. Ich sehe das Bild eines kleinen Koalabären vor mir, der von einem Feuerwehrmann Wasser bekommt. Es ist ein herzzerreißendes Bild: Das hilflose kleine Tier, der Flammenhölle ausgesetzt, bettelt um Wasser. Ein Bild, das als Symbol des dramatischen Klimawandels in der Welt stehen kann.

Im vergangenen Jahr hat eine Jugendliche durch ihre Aktionen ganz viel Aufmerksamkeit für die bedrohte Situation der Welt machen können. Es ist die 16-jährige Greta Thunberg aus Stockholm, die mit ihrem Schulstreik für das Klima weltweite Beachtung gefunden hat. Die „fridays for future“ finden mittlerweile in ganz vielen Ländern statt.

Greta hat die Welt aufgerüttelt, das Thema Klimawandel auch auf die Agenda der Staaten in der Welt gebracht.

Klimawandel, Sorge um ein gutes, ein lebenswertes Klima auf der Erde. Ich sehe darin einen entscheidend christlichen Auftrag.

Und ich meine mit der Sorge um das Klima nicht nur die Frage der Begrenzung der Erderwärmung. Unter Klima verstehe ich auch das Miteinander der Menschen und der Völker. Herrscht unter uns ein gutes Klima, ein gutes Miteinder? Da ist noch ganz viel Luft nach oben, wie es manchmal so schön gesagt wird.

Halten Sie mich nicht für kindisch und weltfremd! Aber ich glaube, das alles hat was mit dem Beten zu tun. Wer betet, der erkennt Gott über sich an. Wer betet, der weiß, dass er nicht selbst der Herr ist. Vor Gott verantworten wir uns alle, Gott verdanken wir alles!

Zurück zum Evangelium:

Zum einen: Maria bewahrt alles, was gesagt wird, und erwägt es in ihrem Herzen.

Zum anderen: Maria stellt uns Jesus, „Gott ist Heil“ vor.

Sie gibt ihrem Sohn den Namen „Jesus = Gott ist Heil“. Von ihm, von Jesus erwarten wir das Heil, er bringt das Heil.

Nur ein klitzekleines Beispiel: Sind nicht seine Seligpreisungen diametral zu den Seligkeiten, in die die Welt von heute flüchtet? Bedürfnislosigkeit, Gewaltlosigkeit, Hunger und Durst nach Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Friedfertigkeit … und wie die Seligpreisungen alle heißen. Sie sind für die Menschheit von heute lebens-, vielleicht sogar überlebenswichtig.

Hören wir also auf, die Kirche zu retten, beginnen wir als Kirche die Welt zu retten! Oder einfacher gesagt: Beginnen wir in unseren Familien, wie auch in unseren Pfarreien für ein gutes Klima zu sorgen!

Da haben wir für das kommende Jahr und für das beginnende neue Jahrzehnt genug zu tun! Schlagen wir ein, ergreifen wir die Hand Gottes, der uns in Bethlehem so Wunderbares gesagt hat!

„Du Mensch, ich geh' mit dir!“ - Unsere Antwort könnte lauten: „Ja, Gott, ja, Jesus, ich geh' mit!“

So wünsche ich uns und der Welt ein gesegnetes Neues Jahr 2020! Amen.