Predigt am Fest Christi Himmelfahrt

30 Mai 2019

Evangelium: Lk 24,46-53

„Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ Das unverwandte Aufblicken der Jünger ähnelt dem ratlosen Blick der Frauen am Ostermorgen. Auch ihnen müssen die Engel die Situation erklären: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden!“

Hier wie dort löst sich die Erstarrung. Lukas stellt die Himmelfahrt Christi als eigentlichen Abschluss des irdischen Wirkens Jesu dar. Doch das Ende ist zugleich ein Auftakt, wird spätestens am Pfingsten ein Neubeginn:

Die Männer und Frauen aus Galiläa halten den Herrn nicht krampfhaft fest, sie vertrauen sich dem nicht mehr Sichtbaren an, beten gemeinsam, bilden Gemeinde, organisieren sich neu. Vor allem vertrauen sie auf den verheißenen Beistand und seine Kraft. Sie tun, was in Jesu Namen zu tun ist, bis er kommt in Herrlichkeit.

„Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“

  • Trifft die Mahnung, dem Auferstandenen nicht fassungslos hinterher zu starren, nicht auch uns?
  • Sind wir, seine Kirche nicht aufgerufen, es den Jüngern gleich zu tun?
  • Liegt es nicht an uns, dass wir uns heute dem nicht mehr Sichtbaren wieder anvertrauen, Gemeinschaft im Gebet zu werden, Kirche für die Zukunft zu sein?

Nicht Kirchennostalgie, nicht die Verklärung der „guten alten Zeit“, die es so eh nicht gegeben hat, ist angesagt. Nein, Kirche Jesu Christi im 21. Jahrhundert, Kirche Jesu Christi in unserer Zeit ist eine mutige, vertrauende und vor allem eine Menschen zugewandte Gemeinschaft! Jesus nennt seine Jünger im Evangelium „Zeugen“. Wir tragen heute diesen Namen, sind „Zeugen“ Jesu Christi, sind Zeugen des Glaubens.

Vielleicht werden Sie mir nun entgegen halten, dass ich mal nicht übertreiben soll. Die Realität - zumindest in Deutschland - sieht doch ganz anders aus. Da kann es einem vorkommen, dass sich Kirche und die Christen auf dem Rückzug befinden:

  • So vieles Kirchliche um uns herum, was uns in der Vergangenheit vertraut war, fällt heute in sich zusammen.
  • So vieles, auf das wir eigentlich als Kirche stolz sein wollten, zerrinnt heute im Sand.

Ob selbst verschuldet - wie durch die verschiedenen Skandale der letzten Jahre: ob Missbrauchs- oder Finanzskandale -, oder ob durch nivellierende Tendenzen, wie der Forderung, Kirche in unserem Land die Privilegien weg zu nehmen, das mag alles zunächst einmal dahin gestellt sein. Wir stellen nur fest: Kirche ist nach außen hin nicht mehr das, was sie mal war, wie gesagt: zumindest bei uns in Deutschland.

Aber: Wir machen deshalb nicht unsere Kirchentüren zu. Wir mauern uns nicht ein und verdrehen ängstlich die Augen zum Himmel. Nein, wir sind Kirche für die Menschen, wir sind Kirche unter den Menschen! Das müssen wir uns vor Augen halten, das ist unser Auftrag, den wir von Jesus erhalten haben. Zeuge sein, das meint, zu glauben, dass er lebt, zu bekennen, dass er auferstanden ist und zu leben, wie er es uns vorgelebt hat, er, der Diener der Menschen geworden ist.

„Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“

Ich verstehe die Aufforderung der Engel bei der Himmelfahrt Jesu als Korrektur, aber auch als Ermutigung, hin zu den Menschen zu gehen, die Menschen zu sehen.

Im Vorwort zur Pastoralkonstitution Gaudium et Spes des 2. Vatikanischen Konzils ist uns, der Kirche von heute vor mehr als 50 Jahren ins Stammbuch geschrieben worden:

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.

Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist.

Darum erfährt diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.“ 

Dem ist nichts hinzu zu fügen. Schauen Sie doch, mit wem Sie leben, wessen Freude und Hoffnung, wessen Trauer und Angst Sie - in der Nachbarschaft, in der Familie - teilen können! Tun wir dies, dann sind wir die Zeugen Jesu Christi, der die Menschen tief ins Herz geschlossen hatte. Dort, in unseren Herzen sollen sie einen Platz haben, gerade die Armen.

Also: Augen auf, den Blick auf die Erde richten, die Menschen sehen, mit ihnen leben! Das meint für mich das Fest der Himmelfahrt Jesu.

Kirche von heute, Kirche Jesu Christi besteht nicht aus Menschen wie den Hans-guck-in-die-Luft aus dem Struwwelpeter, nein Kirche von heute, die Christen von heute sehen die Wirklichkeit der Welt und der Menschen - mit den Augen Jesu und mit den eigenen Augen.

Möge Gott unsere Schritte lenken - als weltgewandte und gottgesegnete Zeugen Christi! Amen.