Predigt am 2. Sonntag im Jahreskreis C
20. Januar 2019
Evangelium: Joh 2,1-11

Lenke unsere Schritte...

„Wo Jesus am Werk ist, da quillt der Segen geradzu über, da herrscht pure Freude.“ So lese ich in einem Kommentar zum heutigen Evangelium. (Messbuch 2019, Butzon & Bercker, S. 138)

Beim Evangelisten Johannes muss zwischen den Zeilen lesen. Er schreibt etwa 60 Jahre nach dem Tod und der Auferstehung Jesu und hat schon vieles theologisch durchdacht. Manchmal kann man sich schwer tun, mit dem, was er schreibt und wie der Evangelist es schreibt. Von daher ist es gut, immer mal genauer hinzuschauen und - ich sage es so - zwischen den Zeilen zu lesen.

„Wo Jesus am Werk ist, da quillt der Segen geradzu über, da herrscht pure Freude.“

Das bezieht sich auf das heute gelesene Evangelium. Was ist da also passiert im kleinen Städtchen Kana in Galiläa?

Zusammen mit seinen Freunden und mit seiner Mutter Maria ist Jesus zu Gast bei einer Hochzeit. Der Verantwortliche für die Hochzeit hat sich wohl verkalkuliert und der Wein geht zu Ende noch bevor die Gäste daran denken nach Hause zu gehen. Peinlich! Doch Maria sieht die Not des Brautpaares, vielleicht hat das junge Paar ja aufgeregt getuschelt und mit dem diskutiert, der für das Fest verantwortlich war. Maria geht zu ihrem Sohn und weist auf das Malheur hin: „Sie haben keinen Wein mehr!“ Die Antwort Jesu ist schroff: „Was willst du von mir, Frau?“ - Er sagt nicht einmal „Mutter“ und verweist darauf, dass seine Stunde noch nicht gekommen ist.

- Zwischen den Zeilen: Seine Stunde ist gekommen, das sagt Jesus kurz nach seinem Einzug in Jerusalem, bei dem ihm die Menschen zugejubelt haben. (Joh 12,23). Er weiß, dass die Entscheidung kommt und er muss mit einem schrecklichen Ende rechnen. Das ist seine Stunde, der Menschensohn wird verherrlicht. Johannes überliefert das letzte Worte Jesu, wenn er am Kreuz ausruft: „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30). Die Stunde Jesu ist gekommen. -

Doch zurück zum heutigen Evangelium: Jesus weist bei der Hochzeit seine Mutter Maria zurecht, ergreift dann aber doch die Initiative: Aus dem Wasser - aus 600 Litern, eine unvorstellbare Menge zum Ende des Festes! - wird kostbarer Wein. Das Zeichen seiner Macht, das seine Stunde aufblitzen lässt. Wir lesen zwischen den Zeilen:

„Wo Jesus am Werk ist, da quillt der Segen geradzu über, da herrscht pure Freude.“

Das will Johannes deutlich machen. Das, was in Kana geschieht ist, nennt er das erste Zeichen Jesu. Andere werden folgen, etwa wenn Jesus den Blinden heilt oder den Diener des Hauptmanns von Kafarnaum, aber auch, wenn er sich vor seine Jünger niederkniet und ihnen die Füße wäscht. Jesus bringt Segen.

Und nun zu uns. Es geht um den Transfer in unsere Zeit. Was hat das also alles mit uns zu tun?

Ich lese zwei Dinge aus dem heutigen Evangelium heraus:

  1. Wir dürfen unsere eigene Hilfsbedürftigkeit anerkennen.
  2. Wir sind ermutigt zum Vertrauen, dass Jesus helfen kann.

Bleiben wir bei der Hilfsbedürftigkeit. Soll mir doch keiner sagen, dass wir perfekt sind und keine Probleme haben! Das beginnt im kleinsten Kreis - bei uns selbst, in unseren Familien und Bekanntenkreis, in unserer Gemeinde - und führt bis in die große weite Welt der Politik und der Wirtschaft. Jeder und jede von uns trägt sein/ihr Päckchen. Das eine ist schwerer, das andere ist leichter.

Ob das Fragen der Gesundheit sind oder Probleme im Miteinander. Wer von uns wollte sagen, dass er nicht manchmal an seine Grenzen stößt, dass er nicht auch Hilfe braucht? Vielleicht meistert eine Frohnatur vieles leichter, was ein anderer, der eher melancholisch veranlagt ist, als viel düsterer empfindet. Die Hilfsbedürftigkeit erkennen und anerkennen, ja auch aussprechen.

Ich höre die Gottesmutter: „Sie haben keinen Wein mehr.“ Das heißt mit unseren Worten und in unserer Situation: „Ich kann nicht mehr, ich schaffe es nicht.“ Unsere Hilfsbedürftigkeit dürfen wir vor Gott aussprechen. Mit ihm reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Das kann Klage sein, kann aber auch Freude sein, die ich Gott erzähle.

Damit hole ich ihn in mein Leben und ich traue ihm zu, dass er mich hört und nicht im Stich lässt. Das ist das Zweite: Vertrauen!

Es gibt dazu ein schönes Beispiel aus dem Leben des Heiligen Pfarrers von Ars:

Immer wieder hat er zur Mittagszeit einen Beamten so ganz still in die Kirche hineinschleichen sehen. Und der hat sich dann da unten ans Weihwasserbecken gestellt und hat nicht sonderlich viel getan. Er hat die Lippen nicht bewegt, hat höchstens die Arme so zusammengekreuzt und nach vorne geschaut.

Einmal geht der Pfarrer zu ihm hin: Ja, was machen Sie nun jeden Tag? Ich sehe keinen Rosenkranz in Ihrer Hand, Gebetbuch haben Sie auch keins? Was hat er geantwortet? Sie kennen ja vielleicht die Antwort: Ich sehe ihn an, und er schaut mich an. Ich traue ihm zu, dass er mich hört und nicht im Stich lässt.

Ein kleines Beispiel, zur Nachahmung empfohlen! Trau dich und trau ihm, Jesus, der uns Bruder geworden ist!

Hilfsbedürftigkeit und Vertrauen. Man kann viel davon sprechen, ausprobieren muss man es selber. Wie es Maria getan hat, wie in all den Jahrhunderten der Kirchengeschichte unzählige Menschen getan haben. Ich bin überzeugt, dass Jesus uns hört und in unserem Leben handelt.

Lenken wir unsere Schritte auf seine Wege des Vertrauens. Tun wir dies im Bewusstsein unserer Hilfsbedürftigkeit, aber auch in einem ganz tiefen Vertrauen.

„Wo Jesus am Werk ist, da quillt der Segen geradzu über, da herrscht pure Freude.“ Das wünsche ich uns allen. Amen.