Predigt am Allerheiligenfest
1. November 2018
Evangelium: Mt 5,1-12

Gib Gott eine Chance

„Jesus stieg auf einen Berg.“ - Der Evangelist Matthäus macht in der Einleitung zur großen Bergpredigt Jesu deutlich, dass jetzt Bedeutsames zu erwarten ist. Jahrhunderte zuvor war Mose von Jahwe auf einen Berg beordert worden, um das Gesetz in Empfang zu nehmen. Nun verkündet Jesus sein Gesetz mit „göttlicher Vollmacht“, wie es die Menschen immer wieder kommentieren.

Eingeleitet wird die Bergpredigt durch die acht Seligkeiten. Sie werden meist als Appel an den einzelnen Menschen verstanden, sich persönlich so oder so zu verhalten, um dafür von Gott mit Seligkeit belohnt zu werden. Das ist sicher nicht verkehrt.Dass jedoch ein solches Leben nach der neuen Gerechtigkeit provoziert und daher verleumdet und bekämpft wird in einer Welt, deren Maßstäbe andere sind, liegt  wohl auf der Hand.

Es ist heute unschwer, die unseligen Zustände von protzigem Luxus, primitiven Spaßorgien, brutaler Gewalt, abgestumpfter Gleichgültigkeit, erbarmungslosem Egoismus, Sittenlosigkeit und Kriegstreiberei zu entdecken.

Mit Scham müssen auch wir als Kirche feststellen, dass gerade von solchen, die die Frohe Botschaft Jesu amtlich verkünden sollen, unsäglich Schlimmes passiert ist - etwa durch den ausgeführten und vielfach vertuschten Missbrauch von Kindern. Das fügt auch heute noch dem verhöhnten und gefolterten Anlitz Christi neue Wunden zu.

Doch zurück zu den Seligpreisungen Jesu: Dass ein solches Leben nach der neuen Gerechtigkeit provoziert und daher verleumdet und bekämpft wird in einer Welt, deren Maßstäbe andere sind, liegt also auf der Hand. Nun sind es aber die Heiligen die, die zeigen, dass es geht, so zu leben, wie es Jesus aufgetragen und dies selbst vorgelebt hat: Sie sind arm vor Gott, den Trauernden nahe, leben gewaltlos, sind hingeordnet auf Gerechtigkeit und barmherzig, sie haben ein reines Herz und stiften Frieden, ja sie werden sogar selbst verfolgt um der Gerechtigkeit willen.

Heilige zeigen, dass und wie es geht, nach den Seligpreisungen Jesu zu leben.

Lassen Sie mich ein wenig erzählen von einem Heiligen unserer Zeit, P. Franz Reinisch.

Ich habe kürzlich das Musical über ihn sehen können, das Wilfried Röhrig komponiert und aufgeführt hat. Es trägt den Titel: „Gefährlich“.

Franz Reinisch wurde am 1. Februar 1903 in Feldkirch / Österreich geboren. Sein Vater war Finanzbeamter und wurde mehrmals versetzt. Schlussendlich kam die Familie nach Innsbruck, wo der junge Franz seine Heimat fand. Nach der Matura studierte der lebensfrohe junge Mann zunächst einmal Jura, später Gerichtsmedizin, ehe er den Weg zum Priestertum fand. Am 29. Juni 1928 wurde er im Innsbrucker Dom zum Priester geweiht.

Inzwischen hatte er die Gemeinschaft der Pallottiner kennengelernt und trat in das Noviziat ein. Diese Zeit war für ihn nicht leicht, denn er war einer, der die Freiheit liebte und im Noviziat gab es strenge Regeln. Er musste hart mit sich ringen, blieb aber in der Gemeinschaft und wurde nach verschiedenen Aufgaben Männerseelsorger.

„Unverrückbar wie die Berge der Heimat steht unser Glaube an Jesus Christus und Maria.“

Das war der Wahlspruch seiner Innsbrucker Studentenverbindung und wurde zu seinem persönlichen Wahlspruch. Es kam, wie es kommen musste, P. Reinisch geriet in Konflikt mit dem Nationalsozialismus.

Die Gestapo war auf seine Reden aufmerksam geworden, in denen er offen die Unvereinbarkeit des christlichen Glaubens mit den Vorstellungen des Nazi-Regimes thematisierte. Aus diesem Grunde erhielt er am 12. September 1940 Predigt- und Redeverbot.

P. Franz Reinisch war klar: „Ich kann als Christ und Österreicher einem Mann wie Hitler niemals den Eid der Treue leisten. Es muss Menschen geben, die gegen den Missbrauch der Autorität protestieren; und ich fühle mich berufen zu diesem Protest.“

Am Osterdienstag des Jahres 1942 erhielt er den Gestellungsbefehl zum Eintritt in die Wehrmacht. Bewusst einen Tag später als angeordnet, traf P. Reinisch am 15. April 1942 in der Kaserne in Bad Kissingen ein und erklärte sofort seine Weigerung, den Fahneneid auf Hitler zu leisten. Er wurde auf der Stelle verhaftet und schließlich vor das Kriegsgericht gebracht. Am 20. August 1942 wurde er zum Tod verurteilt und am Tag darauf, um 5.30 Uhr, durch das Fallbeil hingerichtet.

P. Franz Reinisch wird als „Märtyrer des Gewissens“ bezeichnet. Seine Urne ist heute neben der Gnadenkapelle in Schönstatt begraben.

„Unverrückbar wie die Berge der Heimat steht unser Glaube an Jesus Christus und Maria.“

P.Reinisch ist ein Heiliger unserer Tage. Er konnte und wollte nicht zum Handlanger der gottlosen Nationalsozialisten werden. Er schätzte die Ehre und Freiheit des Menschen. Deshalb fühlte ers ich einzig allein Gott verantwortlich und nicht dem Massenmörder und Volksverführer Adolf Hitler.

Ich stehe staunend und demütig vor einem solchen Mann. Beim Schlussapplaus des Musicals bin ich weggegangen, ich wollte für mich alleine sein. Dabei habe ich mich gefragt, wie ich wohl reagiert hätte, wäre ich in die Situation gekommen, wie sie P. Reinisch erlebt hatte.

Er war ein Mann, ein Priester, der für seine Glaubensüberzeugung in den Tod gegangen ist, ein „Märtyrer des Gewissens“. Ich habe höchste Achtung vor ihm. Er ist ein Heiliger.

Ja, es gibt sie, die Heiligen. Es sind die Menschen, die sich von Gott in Dienst genommen wissen, die dafür ihr Leben riskieren. Es gibt sie, die Heiligen, auch heute. Was P. Reinisch die Kraft gegeben hat, das war die Liebe zu Jesus und zu seiner Mutter Maria.

  • Ich hoffe, dass wir nie in die Situation kommen, eine solche Entscheidung wie P. Reinisch treffen zu müssen.
  • Ich wünsche uns aber, dass wir in aller Demut und Bescheidenheit unser Leben so leben, dass wir es vor Gott verantworten können.

Jesus selber hat uns einen Maßstab an die Hand gegeben: Es sind seine Seligprei-sungen, so fremd und so erschreckend sie auch klingen mögen.

Er nennt die selig, die vor Gott arm sind. Die Trauern und keine Gewalt anwenden. Sie hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, sie sind barmherzig und haben ein reines Herz, sie stiften Frieden und werden um der Gerechtigkeit willen verfolgt.

Sie geben auch uns heute eine Richtung vor. Im Blick auf Jesus selber und an der Hand seiner Mutter können wir den Weg gehen.

  • Geben wir Gott die Chance, uns zu führen!
  • Sind wir dankbar für all die Männer und Frauen, die uns mit ihrem Leben ein Vorbild und die im Himmel für uns Fürsprecher geworden sind.

Ja, es gibt sie die Heiligen, ganz sicher auch unter uns und in unserer Zeit! Amen.